Zum kollektiven Arbeitsrecht gehören die Bereiche "unternehmerische Mitbestim-mung", "Arbeitskampfrecht", "Tarifvertragsrecht" und "Betriebsrat", wobei wir das Tarifvertragsrecht und den Betriebsrat gesondert betrachten.
Spezialbetrachtung: Betriebsrat
Die gesetzliche Grundlage für den Betriebsrat ist das Betriebsverfassungs-Gesetz, (BetrVG). Danach ist in allen Betrieben mit i. d. R. mindestens fünf ständigen wahl-berechtigten Arbeitnehmern ein Betriebsrat zu bilden. Der Betriebsrat wird auf vier Jahre gewählt (§ 21 BetrVG). Die Zahl der Betriebsratsmitglieder richtet sich nach dem Schlüssel des § 9 BetrVG. Die Grundsatznorm des Betriebsverfassungs-Gesetzes findet sich in § 2 (1) BetrVG. Danach sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Wohle des Betriebes vertrauensvoll zusammenarbeiten. Sie haben über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen (§ 74 (1) BetrVG).
Freistellung von Betriebsratsmitgliedern
Für größere Betriebe sieht das BetrVG in § 38 eine völlige Freistellung einzelner Betriebsratsmitglieder vor. So ist in Betrieben mit 200 bis 500 Beschäftigten min-destens ein Betriebsratsmitglied voll von der Arbeit freizustellen. Je größer der Betrieb, um so mehr Freistellungen (§ 38 BetrVG). Unter "Betrieb" ist dabei eine organisatorische Einheit zu verstehen. Es ist die Organisation, die durch bestimmte arbeitstechnische Zwecke geprägt ist (z. B. die Herstellung von Schuhen). Der Begriff "Unternehmen" kennzeichnet hingegen die rechtliche Einheit. Ein Unterneh-men kann mehrere Betriebe haben.
Mitwirkungsrechte des Betriebsrates
Der Betriebsrat hat umfassende Mitwirkungsrechte im sozialen Bereich (z. B. Ar-beitszeit, Unfallschutz), im Bereich der Arbeitsgestaltung (z. B. Arbeitsabläufe), im personellen Bereich (z. B. Kündigung) und im wirtschaftlichen Bereich (Rationalisie-rungsvorhaben).
Spezialbetrachtung: Tarifvertragsrecht
Mit den Tarifverträgen beschäftigt sich ein eigenes Gesetz, das Tarifvertrags-Gesetz, (TVG). Tarifverträge sind schriftliche Abmachungen zwischen einer oder mehreren Gewerkschaften und einem Arbeitgeberverband (so genannte Verbands- oder Flächentarifverträge). Werden sie zwischen einer Gewerkschaft und nur einem einzelnen Arbeitgeber geschlossen, dann heißen sie Haustarifverträge. Nach dem so genannten Spezialitätsprinzip hat der räumlich und fachlich nähere Tarifvertrag den Vorrang, beispielsweise der Haustarifvertrag vor dem Verbandstarifvertrag.
Manteltarifvertrag und Entgelttarifvertrag
Daneben gibt es noch die Unterscheidung zwischen Manteltarifvertrag und Ent-gelttarifvertrag (auch Lohn- bzw. Gehaltstarifvertrag genannt). Der Manteltarifvertrag regelt generelle Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Gehaltsgruppen, Entgeltfort-zahlung im Krankheitsfall etc. Manteltarifverträge werden für mehrere Jahre abge-schlossen. In Gehaltstarifverträgen hingegen werden konkrete Gehaltssätze sowie Leistungszulagen vereinbart. Sie werden für ein Jahr abgeschlossen.
Geltungsbereich von Tarifverträgen
Tarifverträge gelten grundsätzlich nur zwischen beiderseits tarifgebundenen Ver-tragsparteien. Tarifgebunden meint, dass die Arbeitnehmer gewerkschaftlich, und die Arbeitgeber in einem Arbeitgeberverband organisiert sind. Nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer haben daher in ihrem Arbeitsvertrag fast immer eine Klausel, dass der geltende Tarifvertrag auch auf sie anzuwenden ist. Gemäß § 4 (3) TVG darf vom Tarifvertrag nur zu Gunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden (so genanntes "Günstigkeitsprinzip").
§ 5 TVG bestimmt außerdem, dass ein Tarifvertrag vom Bundesminister für Arbeit und Soziales oder der obersten Arbeitsbehörde eines Landes unter gewissen Be-dingungen für allgemeinverbindlich erklärt werden kann.
Arbeitsgerichtliche Verfahren
Arbeitsgerichtliche Verfahren bestehen aus drei Instanzen. Dem Arbeitsgericht, dem Landesarbeitsgericht und dem Bundesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht kann im Berufungsverfahren angerufen werden, das Bundesarbeitsgericht nur im Revi-sionsverfahren. Bei der Revision wird nur das Urteil überprüft, während bei der
Berufung der gesamte Sachverhalt neu "aufgerollt" wird (z. B. durch neue Beweis-aufnahme).
Die Richter am Arbeitsgericht sind Berufsrichter und ehrenamtliche Richter, die sich aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusammensetzen.
Arbeitsgerichtliche Verfahren unterscheiden sich von anderen Gerichtsverfahren da-durch, dass sie schneller (kürzere Fristen) und billiger sind. Insbesondere hat in der ersten Instanz die siegende Partei keinen Anspruch darauf, dass die unterliegende Partei die Anwaltskosten übernimmt. In der ersten Instanz wird der Richter zunächst einen Güteversuch unternehmen. Kommt eine gütliche Einigung zustande, so ist diese gebührenfrei.
Auch die Vertretungsregelung durch einen Anwalt ist anders geregelt. Vor dem Arbeitsgericht können sich die Parteien selber vertreten, sie können sich aber auch durch einen Anwalt oder Vertreter ihres Verbandes (Gewerkschaft oder Arbeitgeber) vertreten lassen. Vor dem Landesarbeitsgericht müssen sich die Parteien durch einen Verbandsvertreter oder durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen; vor dem Bundesarbeitsgericht herrscht Anwaltszwang.
Streitigkeiten nach dem Betriebsverfassungs-Gesetz werden nicht im Urteilsverfah-ren, sondern im so genannten Beschlussverfahren entschieden, das heißt, es gibt einige verfahrensrechtliche Besonderheiten, wie z. B. die, dass im Beschlussverfah-ren keine Gerichtskosten erhoben werden.