Und noch ein Hinweis: Wenn wir jetzt hier ein Kapitel betrachten mit der Überschrift „Unternehmensrating“ bzw. „Scoring-Modell“, dann noch ein Hinweis für Sie, will Sie irgendwann einmal eine Projektarbeit schreiben in dem Rahmen dieses Abschlusses. Das ist also ein Teil Ihrer Prüfung. Und da ist es ganz gut, zu wissen und zu erkennen, dass die Betriebswirtschaftslehre von irgendeinem Standpunkt betrachtet an zwei Stellen erhebliche oder mit zwei Dingen erhebliche Probleme hat.
Die eine der beiden Dinge oder Sachen ist das Immaterielle. Die BWL hat große Probleme mit dem Immateriellen, mit dem Nicht-physisch-Greifbaren. Und: Die Betriebswirtschaft hat große Probleme mit dem Qualitativen. Wenn wir das noch weiter reduzieren auf den Kerngedanken, können wir sagen: Die BWL hat Probleme mit allem, was man nicht in Zahlen fassen kann. Ja, das ist sozusagen der Kerngedanke.
Das Immaterielle kann man nicht bewerten, ja, das ist das große Problem, und das ist der Grund, warum man so das meiste nicht in die Bilanz schreiben darf. Ja, was ist eine Kundenliste wirklich wert? Ja, was ist eine Marke wirklich wert? Es gibt Leute, die sich damit beschäftigen. Wir haben das gesehen, ja, Coca Cola – sechzig Millionen Dollar oder so was, aber es ist schwer, das wirklich zu bewerten. Also das ist wahrscheinlich die Überlegung: Wenn man jetzt die Marke verkaufen würde – was würde dafür bezahlt werden? Aber wird es wirklich dafür bezahlt? Und vor allem: Wir öffnen der Manipulation natürlich Tür und Tor. Das ist das eine Problem, das Immaterielle ist schwer greifbar.
Und das zweite, das Qualitative, ist auch sehr schwer greifbar. Und Sie werden sich irgendwann mal das Thema Ihrer Projektarbeit stellen. Das heißt: Vom Prinzip her werden Sie zwei Themen einreichen, davon wird eines ausgewählt. Ja, wenn das bei Ihrer Kammer so gehandhabt wird. Ich habe auch erfahren, dass es Kammern gibt, wo nur noch ein Thema eingereicht wird, ja, das gibt es also auch. Dann kann es sein, dass dieses Thema sich mit qualitativen Aspekten beschäftigt, zum Beispiel „Konzept zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit“.
Oder Ihre Projektarbeit heißt „Konzept zur Erhöhung der Mitarbeitermotivation“. Das sind wunderschöne Themen. Nur ein Problem dabei: Was ist Kundenzufriedenheit? Was ist Mitarbeitermotivation? Wenn Sie sagen “Konzept zur Umsatzsteigerung“, dann haben Sie sowohl im Moment einen Ist-Zustand, in soundsoviel Euro gemessen, und Sie können sagen „Umsatzsteigerung – wenn ich fünf Prozent Zuwachs erziele, ist das eine gute Zahl“, dann haben Sie auch ein Ziel. Alles quantitativ messbar. Das haben Sie bei Mitarbeiterzufriedenheit oder Kundenzufriedenheit oder Motivation haben Sie das nicht.
Also gilt für Ihre Projektarbeit eine wichtige Regel: „Wenn du es nicht messen kannst, musst du es messbar machen.“ Wenn du es nicht messen kannst, musst du es messbar machen. Und hier kommt das betriebswirtschaftliche Modell, das wie ein Dolmetscher fungiert zwischen der qualitativen Welt, also der Welt des Nicht-Messbaren, und der quantitativen Welt, also das Modell, das qualitative Aspekte in Zahlen übersetzt: das Scoring-Modell. Und genau da sind wir jetzt. Also ein Modell, das sich durchaus auch empfiehlt zur Nutzung bei der Projektarbeit – immer dann, wenn Sie qualitative, also nicht in Zahlen messbare Dinge haben, ist das möglicherweise ein gutes Instrument für Sie, um das in eine messbare Dimension zu übersetzen.