In dieser Artikelserie sollen die verschiedenen Persönlichkeitsprofile des Betriebswirts/in IHK ihren Niederschlag finden. Das Betriebswirt/in IHK-Prüfungsgebiet "Marketing-Management" erfordert eine andere Herangehensweise, als das Prüfungsgebiet "Bilanzen/Steuern". ( Die grundsätzlichen Profile des Betriebswirt/in IHK.)haben wir an anderer Stelle erläutert.)
Da der angehende Betriebswirt/in IHK in der Regel mit dem Prüfungsgebiet "Bilanzen/Steuern" mehr Schwierigkeiten hat, als mit Gebieten, wie "Personalmanagement", soll diese Artikelserie helfen:
In diesem Teil der Serie geht es für den Betriebswirt IHK weiter mit den..
Bilanzierungspflichten (§ 246 HGB) (Betriebswirt/in IHK, Gebiet: Bilanzen/Steuern)
Wie schon gesehen, enthält der § 246 HGB das Vollständigkeitsgebot, d. h. grundsätzlich müssen alle Vermögensgegenstände, Schulden usw. bilanziert werden, es sei denn, eine andere gesetzliche Vorschrift stünde dem ausdrücklich entgegen.
Bilanzierungsverbote (§ 248 HGB)
Der neue § 248 HGB erlaubt nun selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens als Aktivposten in die Bilanz auf zu nehmen, schränkt dies aber gleich wieder ein. Verboten ist nach wie vor selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens zu aktivieren.
Hier muss der angehende Betriebswirt/in IHK eine wesentliche Neuerung erkennen: Während früher selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gar nicht bilanziert werden dürfen, geht dies jetzt, allerdings eingeschränkt
In diesem Zusammenhang steht auch der folgende Punkt, der für den Betriebswirt/in IHK prüfungs-technisch relevant sein könnte:
Bilanzierungsverbote, Spezialbetrachtung: originärer Firmenwert
Der originäre Firmenwert ist der selbst geschaffene Firmenwert. Er darf nach § 248 HGB ebenfalls nicht bilanziert werden, da es sich um einen selbst geschaffenen immateriellen Wert handelt.
Es gibt aber noch den derivativen (abgeleiteten) Firmenwert. Dieser entsteht, wenn eine Firma verkauft wird. In diesem Fall lässt sich der Firmenwert quantifizieren. Es ist der Betrag, der vom Käufer über den Zeitwert der Aktiva hinaus bezahlt wird. Der derivative Firmenwert wird in der Handelsbilanz aktiviert und abgeschrieben.
GoB als (teilweise) unbestimmte Rechtsbegriffe, Betriebswirt/in IHK
§ 243 HGB verpflichtet jeden Kaufmann seinen Jahresabschluss nach den Grund-sätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen. Diese GoB sind nur teilweise im Gesetz definiert. Was GoB sind, bestimmt im Streitfall das Gericht. Das Gericht orientiert sich dabei daran, wie diese Begriffe in der jeweiligen Zeit interpretiert wer-den.
Solche unbestimmten Rechtsbegriffe ermöglichen es, ein Gesetz flexibel zu halten, so dass es nicht ständig geändert werden muss.
Allgemeine Bewertungsgrundsätze (GoB der Bewertung) § 252 HGB
Die nun folgenden GoB nennt man auch "GoB der Bewertung", um sie von den bereits betrachteten GoB der Dokumentation (Belegprinzip, Aufbewahrungspflichten usw.) zu unterscheiden.
a) Grundsatz der Bilanzidentität
Dieser Grundsatz besagt, dass die Eröffnungsbilanz des laufenden Jahres mengen- und wertmäßig mit der Schlussbilanz des Vorjahres übereinstimmen muss (§ 252 (1) Nr. 1 HGB).
b) Unternehmensfortführung, "going concern"
Die Bewertung und Abschreibung der Vermögensgegenstände soll unter dem Gesichtspunkt vorgenommen werden, dass das Unternehmen weitergeführt wird und nicht etwa unter dem Gesichtspunkt der Liquidation (§ 252 (1) Nr. 2 HGB).
c) Einzelbewertung
Vermögensgegenstände und Schulden sind einzeln zu bewerten, soweit nicht Ausnahmen zulässig sind (§ 252 (1) Nr. 3 HGB).
d) Vorsichtsprinzip
Das Vorsichtsprinzip besteht aus zwei Prinzipien. Für Gewinne gilt das Realisa-tionsprinzip, das besagt, dass Gewinne erst ausgewiesen werden dürfen, wenn sie realisiert sind, d. h. wenn die Lieferung erbracht und die Rechnung hierfür geschrieben wurde. Für Verluste gilt das Imparitätsprinzip (= Ungleich-heitsprinzip), das besagt, dass unrealisierte Verluste ausgewiesen werden müssen, unrealisierte Gewinne jedoch nicht ausgewiesen werden dürfen (§ 252 (1) Nr. 4 HGB).
e) Prinzip der Periodenabgrenzung
Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu berücksichtigen (§ 252 (1) Nr. 5 HGB).
f) Bewertungsstetigkeit
Die Abschreibungs- und Bewertungsmethoden, die im vorhergehenden Jahresabschluss angewendet wurden, sollen beibehalten werden (§ 252 (1) Nr. 6 HGB).
Anschaffungskosten (§ 255 (1) HGB), Betriebswirt/in IHK, Gebiet Bilanzen/Steuern
Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bilden die obere Grenze der Bewertung und für die Bemessung der Abschreibungen. Höhere Wiederbeschaffungskosten dürfen nicht angesetzt werden (§ 253 HGB). Der Betriebswirt/in IHK sollte wissen, dass der Begriff missverständlich ist, da es sich hier nicht um „Kosten“, sondern um einen Aktivtausch handelt. Werte werden nicht verbraucht, sondern umgewandelt. Besser wäre daher der Begriff „Anschaffungsausgaben“.
Anschaffungs- und Herstellungskosten stellen die absolute Obergrenze für alle Wertansätze in der Bilanz dar. Sie sind in § 255 HGB definiert. Gemäß § 255 (1) HGB setzen sich die Anschaffungskosten aus folgenden Bestandteilen zusammen:
Anschaffungspreis
– Anschaffungspreisminderungen
+ Anschaffungsnebenkosten, sofern einzeln zurechenbar
+ nachträgliche Anschaffungskosten
= Anschaffungskosten
Der Anschaffungspreis ist der Nettopreis ohne Umsatzsteuer. Zur Erinnerung für den Betriebswirt/in IHK, für den dies länger zurückliegt: Wenn wir eine Maschine kaufen, buchen wir:
Per Maschine (Nettobetrag)
per Vorsteuer an Bank (Gesamtbetrag)
Auf dem T-Konto "Maschinen" erscheint also nur der Nettobetrag.
Anschaffungspreisminderungen sind insbesondere Rabatte und Skonti (auf den Nettobetrag ohne Umsatzsteuer zu berechnen !)
Anschaffungsnebenkosten sind insbesondere die Kosten der Installation und Inbetriebnahme, aber auch die Kosten des Transportes (Frachtkosten, Transportversicherung, Montagekosten usw.) sowie die Grunderwerbssteuer. Wichtig ist, dass diese Kosten der gekauften Maschine einzeln zurechenbar sein müssen.
Nachträgliche Anschaffungskosten sind Kosten für Umbau oder Ausbau der Maschine.
Herstellungskosten (§ 255 (2) HGB), Prüfung Bilanzen Steuern vom Betriebswirt/in IHK
Die bilanziellen Herstellungskosten bestehen lt. § 255 HGB aus Bestandteilen, die einbezogen werden müssen und aus Bestandteilen, die einbezogen werden können. Außerdem bestimmt das Gesetz Bestandteile, die nicht einbezogen werden dürfen. Zu den Pflichtbestandteilen der Herstellungskosten zählen die Materialeinzelkosten, die Fertigungseinzelkosten und die Sondereinzelkosten der Fertigung. sowie die Material- und Fertigungsgemeinkosten. Diese Untergrenze gilt für Handels- und Steuerbilanz gleichermaßen.
Einbezogen werden können Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen und Aufwendungen für betriebliche Altersversorgung.
Nicht einbezogen werden dürfen die Sondereinzelkosten des Vertriebs und die Vertriebsgemeinkosten. Zinsen für Fremdkapital dürfen nur unter ganz engen Voraussetzungen einbezogen werden, nämlich dann, wenn das entsprechende Fremdkapital zur Finanzierung der Herstellung verwendet wurde (§ 255 (3) HGB.
Herstellungskosten und Herstellkosten, Betriebswirt/in IHK
Der angehende Betriebswirt/in IHK muss den Begriff "Herstellungskosten" vom Begriff "Herstellkosten" sauber begrifflich trennen. "Herstellungskosten" sind im § 255 HGB definiert. Dieser Begriff gehört damit in die Finanzbuchhaltung (Buchführung). (Eigentlich müsste es deswegen Herstellungsaufwand heißen, nur leider haben sich die Juristen nicht an die sorgfältige begriffliche Trennung zwischen "Aufwand" (Begriff der Finanzbuchhaltung) und "Kosten" (Begriff der Kostenrechnung) gehalten.)
Der Begriff "Herstellkosten" gehört in die Betriebsbuchhaltung (Kostenrechnung) und wird später genauer betrachtet.
Das folgende Video zeigt den Zusammenhang zwischen dem Ansatz der Herstellungskosten in der Handels- und Steuerbilanz.
Video Herstellungskosten Handels- und Steuerbilanz, Betriebswirt/in IHK
Bewertung des Anlagevermögens (§ 253 HGB), Betriebswirt/in IHK
Die Rechtsgrundlage für die Bewertung des Anlagevermögens finden wir in § 253 (3) HGB. Wir unterscheiden in abnutzbares und nicht abnutzbares Anlagevermögen. Abnutzbares Anlagevermögen muss planmäßig durch Abschreibungen in seinem Wert gemindert werden. Außerdem kann es beim abnutzbaren Anlagevermögen, wie auch beim nicht abnutzbaren Anlagevermögen, zu außerplanmäßigen Abschrei-bungen kommen. Ist die Wertminderung dauerhaft, so muss auf den niedrigeren Wert abgeschrieben werden. Nur bei Finanzanlagen im Anlagevermögen kann man, wenn man will, auch abschreiben, wenn die Wertminderung nur vorübergehend ist.
Niederstwertprinzip, streng und gemildert, Betriebswirt/in IHK
In diesem Zusammenhang spricht der angehende Betriebswirt/in IHK fachmännisch vom Niederstwertprinzip, das uns in der Form des "strengen Niederstwertprinzips" und in der Form des "gemilderten Niederstwertprinzips" begegnet. Es gilt im Anlagevermögen nur für Finanzanlagen.
Gemilderte Niederstwertprinzip heißt: man kann abschreiben. Bei einer dauerhaften Wertminderung (des abnutzbaren oder nicht abnutzbaren Anlagevermögens) gilt das strenge Niederstwertprinzip: man muss abschreiben.
Ausblick: Im folgenden Artikel dieser Serie wird der angehenden Betriebswirt/in IHK sich mit den verschiedenen Abschreibungsmethoden beschäftigen. HIer der erste Artikel dieser Serie (Prüfungsfach "Bilanzen/Steuern") für den angehenden Betriebswirt/inIHK.
© Dr. Marius Ebert