Betriebswirt/in IHK, Prüfung Internationale Wirtschaftsbeziehungen

Zur Prüfung zum Betriebswirt/in IHK gehört das Fach "Internationale Wirtschaftsbeziehungen". Der Betriebswirt/in IHK-Prüfungskandidat hat dafür 150 Minuten Zeit. Wie immer sind maximal 100 Punkte erreichbar. Das bedeutet, dass man für eine 10 Punkte Aufgabe 15 min Zeit hat. Hier: Weitere Inhalten zu diesem Prüfungsfach für den Betriebswirt/in IHK.

In diesem Fachgebiet zeigt der Betriebswirt/in IHK sein internationales Profil. Während hier  – genauso wie sonst – die üblichen Regeln der Distribution gelten, die dem Betriebswirt/in IHK bereits aus dem Fach "Marketing Management" bekannt sind, gibt es im internationalen Handel einige Sonderformen, die in diesem Artikel betrachtet werden: 

Betriebswirt/in IHK: Sonderformen der Distribution im Außenhandel, Überblick

Sonderformen des Außenhandels sind der grenzüberschreitende Veredelungsverkehr, die Lizenzfertigung einschließlich des Franchising, die Direktinvestition, die Kooperation, die Kompensationsgeschäfte und die Auslandsprojektgesellschaften.

Grenzüberschreitende Veredelung (Betriebswirt/in IHK, Fach Internationale Wirtschaftsbeziehungen)

Veredelung bedeutet, eine Ware zu bearbeiten, verarbeiten oder auszubessern. Der Betriebswirt/in IHK muss im grenzüberschreitenden Veredelungsverkehr unterscheiden in den aktiven und den passiven Veredelungsverkehr. Beim aktiven Veredelungsverkehr wird eine Ware ins Inland eingeführt und danach wieder exportiert. Beim passiven Veredelungsverkehr ist es umgekehrt. Hier wird die Ware aus dem Inland ins Ausland gebracht, dort veredelt und im neuen Zustand ins Inland zurückgebracht. Aktive Veredelung bedeutet also, dass man selbst veredelt;  bei der passiven Veredelung lässt man veredeln.

Lizenzfertigung/Franchise (Betriebswirt/in IHK, Fach Int. Wirtschaftsbeziehungen)

Bei der Lizenzfertigung überträgt das inländische Unternehmen seine Warenmarken, Firmen-bezeichnungen, Patente und sein Know-how an das Ausland. Dies geschieht besonders oft  als "Paket" in der Form von Franchise. Hier wird ein komplettes Unternehmenskonzept einschließlich Logo, Know-how usw. an das Ausland verkauft.

Direktinvestitionen (Betriebswirt/in IHK, Fach Int. Wirtschaftsbeziehungen)

Bei der Direktinvestition wird im Ausland eine Niederlassung gegründet, oder man beteiligt sich mit mindestens 20% an einem ausländischen Unternehmen oder kauft ein ausländisches Unternehmen auf. Direktinvestitionen sind meldepflichtig bei der zuständigen Landeszentralbank nach § 55 Außen-wirtschaftsverordnung, AWV. Der Betriebswirt/in IHK sollte vier Arten von Motiven für Direktinvestitionen unterscheiden können:

Absatzorientierte Motive (Absatzmarkt durch Präsenz vor Ort sichern und ausbauen).

Beschaffungsmarktorientierte Motive (z. B. Sicherung der Rohstoffe).

Kostenorientierte Motive ( z. B. billigere Arbeitskräfte).

Umweltorientierte Motive (steuerliche u. rechtliche Rahmenbedingungen).

Der angehende Betriebswirt/in IHK muss diese Motive nicht wörtlich reproduzieren, sollte jedoch in der Lage sein, in der Prüfung diese Aspekte zu nennen und durch Beispiele zu erläutern.

Kooperationen (Betriebswirt/in IHK, Fach Int. Wirtschaftsbeziehungen)

Bei einer Kooperation schließen sich wirtschaftlich und rechtlich selbständige Unter-nehmen zusammen. Gerade bei Großaufträgen ist eine solche Kooperation im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft für mittelständische Unternehmen oft nötig, um konkurrenzfähig zu sein. Kooperationen können horizontal sein, wenn sich Unternehmen der gleichen Produktionsstufe zusammenschließen oder vertikal, wenn sich Unternehmen aus vor- oder nach gelagerten Produktionsstufen zusammenschließen.

Eine beliebte Form der Kooperation ist auch das Joint Venture. Ein Joint Venture ist ein Gemeinschafts-unternehmen. Die Partner kommen aus unterschiedlichen Ländern und ergänzen sich in ihrer Leistungskraft (komplementäre Kooperation). Der eine Partner ist z. B. finanzstark, der andere hat die Verbindungen und die Marktkenntnis.

Kompensationsgeschäfte (Betriebswirt/in IHK, Fach Int. Wirtschaftsbeziehungen)

Bei Kompensationsgeschäften (kompensieren = ausgleichen) erfolgt die Bezahlung nicht in Geld, sondern durch Ware (oder  Dienstleistung). Statt Ware gegen Geld, handelt man also Ware gegen Ware (so genannte "Bartergeschäfte"). Der Anteil der Kompensationsgeschäfte am Welthandel wird auf etwa 20% geschätzt. Solche Kompensationsgeschäfte werden bei Geschäften mit Entwicklungsländern immer wichtiger. Wer in einem solchen Land Marktchancen haben will, muss sich oft verpflichten, auch die dort produzierte Ware abzunehmen.

Der Rahmenplan zum Betriebswirt/in IHK spricht hier auch die verschiedenen Variationen an, wie z. B. das Parallelgeschäft, das Junktimgeschäft, das Rückkaufgeschäft, das Offsetgeschäft und das Clearing-geschäft. Die Varianten könnten dem Betriebswirt/in IHK als Lösung für eine praktische Problemsituation dienen: Was kann der Importeur tun, wenn er will, dass auch der Exporteur zum Warenkauf verpflichtet wird?

In der Lösung könnte der angehende Betriebswirt/in IHK dann die folgenden Konstellationen herausarbeiten:

Beim Parallelgeschäft verpflichtet sich der Exporteur, in einem gesonderten Vertrag, Waren vom Importeur zu kaufen. In manchen Fällen wird diese Abnahmeverpflichtung des Exporteurs nicht auf einen Importeur beschränkt, sondern auf alle Waren des Importlandes bezogen, also auch auf Waren von anderen Importeuren. Die Abnahmeverpflichtung ist in der Regel veräußerbar.

Das Junktimgeschäft ist möglich, wenn eine solche Abnahmeverpflichtung veräußerbar ist. Auch im Falle des Junktimgeschäftes hat sich der Exporteur verpflichtet, im Gegenzug auch Ware des Importeurs zu kaufen. Beim Junktimgeschäft verkauft dieser Exporteur die Verpflichtung des Importeurs, bei ihm Ware zu beziehen, an einen anderen Importeur. Der Begriff „Junktim“ steht für die Koppelung von zwei unabhängigen Dingen nach dem Motto: das eine geht ohne das andere nicht.

Bei einem Rückkaufgeschäft liefert der Exporteur z. B. eine Produktionsanlage. Der Importeur verpflichtet sich langfristig diese Produktionsanlage zu bezahlen, indem er den Verkaufserlös der mit dieser Anlage produzierten Güter hierfür verwendet.

Bei einem Offsetgeschäft  (wörtl. "Ausgleichsgeschäft") verkauft der Exporteur z. B. eine Produktionsanlage in das Importland, verpflichtet sich aber gleichzeitig, Teilfertigungen dieser Produktionsanlage von Unternehmen des Importlandes ausführen zu lassen. Dabei kann der Exporteur auch noch andere Aufträge an das Importland vergeben, als solche, die sich direkt auf die Produktionsanlage beziehen. Das folgende Videos zeigt die Beziehungen:

Betriebswirt/in IHK: Blogbeitrag als Audiodatei zum Herunterladen

Bei einem Clearinggeschäft werden staatliche Rahmenvereinbarungen getroffen, zum Beispiel zwischen Deutschland und Indien. Der wesentliche Punkt dieser Vereinbarungen ist, dass Verrechnungskonten ein-gerichtet werden. Wenn dann das indische Unternehmen Waren nach Deutschland verkauft, so bekommt es den Gegenwert in EURO auf seinem Verrechnungskonto gutgeschrieben. Wenn das indischen Unternehmen nun entsprechend Ware aus Deutschland kauft, so kann es den Gegenwert zu Lasten dieses Verrechnungskontos buchen. Auch in diesem Falle ist Ware gegen Ware getauscht worden, nur dass man eine Gegenbuchung in Form von Buchgeld auf den Verrechnungskonten vorgenommen hat. Diese Gegen-buchung ermöglicht es, für die Verrechnungskonten befristete Überziehungen zu vereinbaren.

Auslandsprojektgesellschaften (Betriebswirt/in IHK, Fach Int. Wirtschaftsbeziehungen)

Projektmanagement ist eine besonders praxisorientierte Form des Lenstoffes. Daher liegen hier besondere Schwerpunkte für die Prüfung zum Betriebswirt/in IHK:

Eine Auslandsprojektgesellschaft wird von einem Betreiberkonsortium geplant, errichtet und finanziert. Nach einer gewissen Zeit muss das Projekt sich selber tragen. Mitwirkende eines solchen Betreiber-konsortiums können sein: Exportunternehmen, Banken, Versicherungen, Abnehmer, Rohstofflieferanten usw. Beispiel für ein Auslandsprojekt wäre eine Großanlage zur Produktion im Ausland.

Auslandsprojektgesellschaften sind mit hohem Risiko verbunden, da unterschiedliche Mitwirkende aufeinander abgestimmt werden müssen. Bringt einer der Mitwirkenden seine Leistung zu spät, so wird dies oft mit hohen Vertragsstrafen belegt.

Das Risiko des Projektes muss in allen Phasen sorgfältig überwacht werden. Der angehende Betriebswirt/in IHK könnte folgendes herausarbeiten:   Schon in der Planung sollten "Machbarkeitsstudien" ("Feasibility-Studien") vorgenommen werden. Das Kostenrisiko kann durch Festpreisvereinbarungen und Vertragsstrafen eingedämmt werden. Das Marktrisiko wird gemindert, indem man genaue Markt-analysen vornimmt und Abnahmen eventuell vertraglich absichert. Das Betreiberrisiko kann durch sorgfältige Personalauswahl und durch Schulung gemindert werden und auch dadurch, dass man auf Erfahrungen zurückgreift. Das politische Risiko kann gemindert werden, indem man rechtzeitig staatliche Genehmigungen einholt und eine Kreditversicherung abschließt.

Ein typische Prüfungsfrage für den Betriebswirt/in IHK könnte also hier sein: Erläutern Sie Möglichkeiten, das Risiko eines Auslandsprojekts zu begrenzen. Dies zeigt die Handlungsorientierung der Prüfung zum Betriebswirt/in IHK (vierter Absatz dieses Artikels).

 

 © Dr. Marius Ebert

 

                                                                                                                                                                                                                                   

 

 

 

 

 

 

 

 

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