Der Betriebswirt/in IHK ist die höchste Stufe des DIHK-Karriereweges "Karriere mit Lehre". Der Weg ist zweistufig:
In der ersten Stufe auf dem Weg zum Betriebswirt/in IHK absolviert man eine Ausbildung zum Fachkaufmann/frau IHK oder zum Fachwirt/in IHK. Der Fachkaufmann ist eine funktionsspezifische Ausbildung, bezieht sich also auf Tätigkeiten, wie Personal oder Marketing. Der Fachwirt/in IHK bezieht sich hingegen auf Branchen, wie Bank, Industrie und Handel.
Der angehende Betriebswirt/in IHK hat also in vielen Fällen funktionsspezifische Vorkenntnisse und macht nun eine Generalistenausbildung, die erfordert, sich auf unterschiedliche Gebiete einzustellen. Persönlichkeitsprofil des Betriebswirts/in IHK hier.
In dieser Serie widmen wir uns dem Betriebswirt/in-IHK-Prüfungsgebiet "Bilanzen/Steuern". Hier geht es nun um Prüfungs- und Veröffentlichungspflichten:
Praktischer Exkurs: Wer muss veröffentlichen? Wer ist prüfungspflichtig?
Um die Frage nach der Veröffentlichungspflicht zu beantworten, muss der angehende Betriebswirt/in IHK zunächst klären, um welche Rechtsform es sich bei dem Unternehmen handelt.
Personengesellschaften (Betriebswirt/in IHK, Gebiet "Bilanzen/Steuern")
Geht es um eine Personengesellschaft, dann muss diese Gesellschaft grundsätzlich überhaupt nichts veröffentlichen. Von dieser Regelung gibt es zwei Ausnahmen. Der erste Fall ist der Fall einer GmbH und Co. KG und einer GmbH und Co. OHG. Diese Gesellschaftsformen müssen nun auch veröffentlichen.
Den zweiten Fall, wo eine Personengesellschaft veröffentlichen muss, regelt das Publizitätsgesetz. Hierunter fallen Personengesellschaften, die besonders groß sind. Solche besonders großen Personengesellschaften sind gerade wegen ihrer Größe zur Veröffentlichung verpflichtet. Das Publizitätsgesetz greift, wenn die Gesellschaften zwei der drei folgenden Kriterien an mindestens drei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen erfüllen:
Bilanzsumme > 65 Mio EUR
Umsatz > 130 Mio EUR
Arbeitnehmer > 5.000.
Kapitalgesellschaften (Betriebswirt/in IHK, Gebiet "Bilanzen/Steuern")
Liegt dem Betriebswirt/in IHK hingegen eine Kapitalgesellschaft vor, dann muss er/sie zunächst die Frage zu klären, ob es sich um eine kleine, mittelgroße oder große Kapitalgesellschaft handelt. Diese Einstufung ergibt sich aus § 267 HGB. (Auch hier muss der Betriebswirt/in IHK nur wissen, wo es steht.)
Kriterium |
kleine Kapitalgesellschaft |
mittelgroße Kapitalgesellschaft |
große Kapitalgesellschaft |
Bilanzsumme in Mio EUR |
kleiner/gleich 4,840 |
größer 4,840 bis 19,250 |
größer 19,250 |
Umsatz in Mio EUR |
kleiner/gleich 9,680 |
größer als 9,680 bis 38,50 |
größer 38,50 |
Arbeitnehmer (Anzahl) |
kleiner/gleich 50 |
größer als 50 bis 250 einschl. |
größer als 250 |
Für die Einstufung in die jeweilige Größenklasse müssen mindestens zwei der drei Kriterien erfüllt sein. Trifft jeweils ein Kriterium für eine kleine, mittelgroße und große Kapitalgesellschaft zu, dann liegt eine mittelgroße Kapitalgesellschaft vor.
Eine Änderung der Größenkategorie entsteht erst dann, wenn die neuen Kriterien an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen vorliegen.
Eine Kapitalgesellschaft gilt jedoch stets als große, wenn ihre Aktien oder sonstigen Wertpapiere an einer Börse gehandelt werden.
Erneut die Frage: muss der Betriebswirt/in IHK dies auswendig wissen? Nein, aber es ist gut, zu wissen, wo es steht. Bestimmte Gesetze, wie das HGB, sind in der Prüfung zum Betriebswirt/in IHK zugelassene Hilfsmittel.
Aufstellungs- und Veröffentlichungspflicht (Gebiet "Bilanzen/Steuern" vom Betriebswirt/in IHK)
Grundsätzlich hat die große Kapitalgesellschaft die weitestgehenden Aufstellungs- und Veröffentlichungspflichten. Für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften gibt es verschiedene Erleichterungen. Die folgende Übersicht zeigt, was von welcher Gesellschaft aufgestellt und wo es veröffentlicht werden muss.
Aufgestellt werden muss: |
Kleine Kapitalgesellschaft |
Mittelgroße Kapitalgesellschaft |
Große Kapitalgesellschaft |
Bilanz |
Verkürzt |
Verkürzt nach § 327 HGB |
Vollständig |
GuV |
Verkürzt |
Verkürzt |
Vollständig |
Anhang |
Verkürzt |
Verkürzt |
Vollständig |
Lagebericht |
Nein |
Ja |
Ja |
Frist |
6 Monate |
3 Monate |
3 Monate |
Veröffentlicht werden muss: |
|
|
|
Bilanz |
Handelsregister |
Handelsregister |
Bundesanzeiger |
GuV |
Nein |
Handelsregister |
Bundesanzeiger |
Anhang |
Handelsregister |
Handelsregister |
Bundesanzeiger |
Lagebericht |
Nein |
Handelsregister |
Bundesanzeiger |
Frist |
12 Monate |
9 Monate |
9 Monate |
Unternehmen müssen ihre Daten dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers (Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH in Köln) übermitteln. Dieser ist verpflichtet zu überprüfen, ob die Unternehmen die Unterlagen pünktlich und vollständig einreichen. Ist dies nicht der Fall, meldet der Betreiber dies an das Justizministerium. Das Justizministerium leitet dann ein Ordnungsgeldverfahren ein. Das Ordnungsgeld geht von 2.500 EUR bis 25.000 EUR.
Für die Aktiengesellschaft gibt es Sondervorschriften im Aktiengesetz (§§ 150 ff. AktG). Das GmbH-Gesetz enthält Sondervorschriften für die GmbH (§§ 41 f. GmbHG)
Die veröffentlichten Jahresabschlüsse sind für Jedermann kostenlos und ohne Registrierung einsehbar unter
Praxisrelevanz für den Betriebswirt/in IHK
Der Betriebswirt/in IHK erkennt hier vor allem: Man bekommt zwar Informationen, aber diese Informationen sind eingeschränkt und kommen zeitlich verzögert. Der Betriebswirt/in IHK erkennt weiterhin: je größer die Kapitalgesellschaft, desto mehr Informationen bekommt man und man bekommt sie früher, als bei der kleinen Kapitalgesellschaft. Nun noch die Antwort auf die Frage nach der Prüfungspflicht:
Wer muss sich durch einen Wirtschaftsprüfer (WP) prüfen lassen?
Die Personengesellschaften müssen sich nicht prüfen lassen (Ausnahme: wenn sie unter das Publizitätsgesetz oder unter § 264a HGB fallen, d.h. als GmbH und Co. KG oder als GmbH und Co. OHG auftreten).
Die kleine Kapitalgesellschaft und die kleine GmbH und Co. KG/OHG müssen sich ebenfalls nicht prüfen lassen (§ 316 HGB).
Prüfungspflichtig lt. § 317 HGB sind die mittelgroße und die große Kapitalgesellschaft sowie Konzerne.
Spezielle Prüfungspflichten gelten auch für Kreditinstitute nach dem Gesetz für das Kreditwesen (KWG), für Versicherungen gemäß dem Versicherungsaufsichts-Gesetz (VAG) und für Ge -nossenschaften nach dem Genossenschafts-Gesetz (GenG).
Prüfungsrelevanz für den Betriebswirt/in IHK
Dieses Themengebiet des Betriebswirts IHK wurde als Exkurs behandelt. "Exkurs" bedeutet, dass der angehende Betriebswirt/in IHK den üblichen Lernpfad für einen Moment verlassen hat. Wir haben auch gesehen: es handelte sich um einen eher "zahlenorientierten" und damit eher "trockenen" Exkurs. Die Prüfungsrelevanz eines Exkurses ist geringer, als die des üblichen Lernstoffes.
Außerdem: In den Prüfungen zum Betriebswirt/in IHK wird kein Wissen abgefragt, sondern es ist eine handlungsorientierte Prüfung. "Handlungsorientierung" bedeutet, dass dem Betriebswirt/in IHK in der jeweiligen Prüfung ein praktischer Fall präsentiert wird, der ein Problem beinhaltet. Dieses Problem muss der angehende Betriebswirt/in IHK dann lösen. Es kann sich hier um eine größere Fallstudie handeln, wie zum Beispiel beim Prüfungsgebiet "Marketing-Management", oder aber auch um kleinere Fälle, die sich auf 5 – 6 Aufgaben verteilen.
Schwerpunkt der Betriebswirt/in IHK-Prüfung im Fach Bilanzen/Steuern ist also weniger der hier behandelte Exkurs, sondern eher die Bilanzanalyse, der wir uns in weiteren Arktikeln widmen werden. Das Video soll dem angehenden Betriebswirt/in IHK schon mal einen Eindruck geben:
Betriebswirt/in IHK: Video mit Beispiel einer Prüfungsfrage
Betriebswirt/in IHK: Blogbeitrag als Audiodatei zum Herunterladen
Anderen Fächern aus der Prüfungsordnung zum Betriebswirt/in IHK haben wir in diesem Blog an anderer Stelle behandelt. Internationale Wirtschaftsbeziehungen vom Betriebswirt/in IHK.