Zur Prüfung zum Betriebswirt/in IHK gehört das Fach "Unternehmensorganisation u. Projektmanagement". Es wird im Prüfungsfach "2. Situationsaufgabe" geprüft. Der Betriebswirt/in IHK-Prüfungskandidat hat dafür 240 Minuten Zeit. Wie immer sind maximal 100 Punkte erreichbar.
Das folgende Gebiet kann in vielen Bereichen relevant sein: Wir wählen hier den Oberbegriff "Ablauf-planung", obwohl auch der Begriff "Netzplantechnik" hier passend wäre.
Zunächst: Erfassung des Arbeitsablaufs, Betriebswirt/in IHK
Zunächst einmal muss der angehende Betriebswirt/in IHK die Arbeitsabläufe zu verstehen. Die Instrumente, die man einsetzen kann, heißen: Beobachtung, Befragung, das Quellenstudium von Stellenbeschreibungen und die Multimoment-aufnahme. Bei der Multimomentaufnahme wird zu mehreren ("multi") Zeitpunkten, die durch Zufall ausgewählt werden, der Arbeitsablauf beobachtet.
Visualisierung von Arbeitsabläufen, Betriebswirt/in IHK
Nachdem man die Arbeitsabläufe verstanden hat, kann es für den angehenden Betriebswirt IHK bzw. die angehende Betriebswirtin IHK sinnvoll sein, sie zu visualisieren. Die hier verwendeten Techniken sind der Ablaufplan, die Listungstechnik, die Gantt-Technik, die Plannet-Technik und der Netzplan.
Die Listungstechnik wird vor allem benutzt, wenn es nur wenige Teilschritte des Projektes gibt und die Abläufe nicht vernetzt sind. Die Gantt-Technik wird auch Balkendiagramm-Technik genannt. Plannet-Technik ist eine Weiterentwicklung der Gantt-Technik. Bei der Plannet-Technik werden – über die Gantt-Technik hinaus – Abhängigkeiten der Tätigkeiten untereinander visualisiert. Nun betrachten wir die Netzplantechnik genauer.
Netzplantechnik, Grundaufgabe, Betriebswirt/in IHK
Die Netzplantechnik ist ein Instrument zur Zeitplanung von komplexen Projekten. Ein komplexes Projekt ist ein Projekt, deren Teilschritte nicht einfach hintereinander folgen, sondern teilweise parallel ausgeführt werden und an bestimmten Punkten wieder zusammenlaufen. Anwendungsbeispiele für Netzplantechnik sind größere Bauvorhaben oder die Entwicklung und Einführung eines neuen Produktes.
Netzplantechnik, Voraussetzungen, Betriebswirt/in IHK
Um die Netzplantechnik sinnvoll einzusetzen, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Das Gesamtprojekt muss in Teilschritte zerlegbar sein, der Zeitbedarf der einzelnen Schritte muss bestimmbar sein, und die Teilschritte müssen logisch miteinander verknüpft sein. Typische Anwendungsfälle für die Netzplantechnik sind größere Bauvorhaben (Hotels, Straßen, Brücken usw.) oder die Planung von Großveranstaltungen wie Messen oder Olympiaden. Im Personalwesen kann man die Netzplantechnik zum Beispiel für die Einführung eines neuen Personalverwaltungssystems einsetzen.
Netzplantechnik, Arten (Betriebswirt/in IHK)
In Theorie und Praxis gibt es viele Arten der Netzplantechnik. Wir betrachten hier die "critcal path method", kurz "CPM-Methode" und die PERT-Technik. "PERT" steht für "programm evaluation review technique", zu deutsch also "Programm-Einschätzungs-Überprüfungs-Technik".
Bei der CPM-Methode ist der Zeitbedarf jedes Teilschrittes bekannt.
Bei der PERT-Methode ist der Zeitbedarf hingegen nicht genau bekannt, sondern muss errechnet werden. Die PERT-Technik ermittelt den Zeitbedarf pro Teilschritt des Projektes nach folgender Formel:
Optimistischste Zeit (OZ) + 4 Normalzeit (NZ) + Pessimistischste Zeit (PZ)
6
Beträgt also die optimistischste Zeitschätzung (OZ) für einen Teilschritt 2 Tage, die pessimistischste Zeitschätzung (PZ) hingegen 4 Tage, während der normale Zeitbedarf (NZ) auf drei Tage geschätzt wird, so setzt die PERT-Methode den Zeitbedarf für diesen Teilschritt auf drei Tage.
Es handelt sich hier um nichts anderes als um ein gewichtetes arithmetisches Mittel, bei dem die optimistischste Zeit und die pessimistischste Zeit gleich gewichtet sind, nämlich jeweils mit "1" und die Normalzeit die Gewichtung "4" erhält. Die Summe der Gewichtungen der Zeiten ist also insgesamt 6, daher muss durch 6 dividiert werden.
Netzplantechnik, Darstellungsformen (Betriebswirt/in IHK)
Auch bei der Form der Darstellung gibt es viele Variationen, von denen wir die Vorgangspfeil-Technik und die Vorgangsknoten-Technik betrachten wollen.
Vorgangspfeil-Technik
Bei dieser Technik bezeichnet der angehende Betriebswirt IHK den Vorgang (die Tätigkeit) durch einen Pfeil, die Zustände vorher und nachher durch einen so genannten Knoten.
Nun kann man die Knoten noch genauer bezeichnen, indem man den frühest möglichen Beginn und den spätest möglichen Beginn in die Felder des Knotens eintragen kann. Außerdem ist es üblich die Zustände zu nummerieren und den Zeitbedarf für die Tätigkeit an den Pfeil zu schreiben.
Vorgangsknoten-Technik
Anders stellt die Vorgangsknoten-Technik das Projekt dar. Sie bildet für jede Tätigkeit einen Knoten. Im Gegensatz zur Vorgangspfeil-Technik stehen also bei der Vorgangsknoten-Technik die Vorgänge nicht an den Pfeilen, sondern in den Knoten. Die Pfeile zeigen bei dieser Technik lediglich an, wie die verschiedenen Knoten (=Tätigkeiten) logisch hintereinander abfolgen.
Kritischer Weg und Pufferzeiten, Betriebswirt/in IHK
Nachdem das gesamte Projekt mit seinen Teilschritten durch den Netzplan erfasst ist, wird der so genannte kritische Weg deutlich. Der kritische Weg ist der Weg, auf dem keine Zeitverzögerungen auftreten dürfen. Anders gesagt: dauert ein Vorgang, der auf dem kritischen Weg liegt, länger als geplant, so wird das gesamte Projekt später fertig.
Liegt ein Vorgang nicht auf dem kritischen Weg, so hat dieser Vorgang eine so genannte Pufferzeit. Diese Pufferzeit besagt, dass die Tätigkeit um diese Pufferzeit länger dauern darf, ohne dass das Gesamtprojekt später fertig wird.
Gesamte Pufferzeit
Die gesamte Pufferzeit ist die Pufferzeit, die einem Vorgang unter den günstigsten Bedingungen zur Verfügung steht. Der maßgebliche Vorgänger wird frühest möglich abgeschlossen und der maßgebliche Nachfolger beginnt spätest möglich. Die gesamte Pufferzeit zeigt also den gesamten Spielraum, der für einen Vorgang besteht, ohne dass die Dauer des Gesamtprojektes gefährdet wird.
Gesamte Pufferzeit, Berechnung
Die gesamte Pufferzeit wird errechnet, indem man die Spanne zwischen frühestem und spätestem Endzeitpunkt eines Vorgangs berechnet. Mit den Symbolen "FEZ" und "SEZ" für den frühesten bzw. spätesten Endzeitpunkt ausgedrückt:
Gesamte Pufferzeit des Vorgangs "a" = SEZ a – FEZ a.
Man kann die gesamte Pufferzeit genauso auch mit den Symbolen "FAZ" und "SAZ" für die früheste bzw. späteste Anfangszeit berechnen:
Gesamte Pufferzeit des Vorgangs "a" = SAZ a – FAZ a.
Freie Pufferzeit, Betriebswirt/in IHK
Die freie Pufferzeit beantwortet dem Betriebswirt/in IHK hingegen die Frage, wie viel Spielraum für einen Vorgang noch besteht, wenn der unmittelbare Nachfolger (und damit alle nachfolgenden Vorgänge) frühest möglich beginnen sollen. Die freie Pufferzeit fragt also, wie viel Zeit für einen Vorgang noch bleibt, ohne dass der Nachfolger "gestört" wird und später als frühest möglich beginnen muss. "Freie" Pufferzeit bedeutet also, dass die Menschen, die an einer Tätigkeit mir freier Pufferzeit arbeiten, diese freie Pufferzeit frei und ungebunden verwenden können, weil es niemand merkt und es niemanden stört. Der Nachfolger beginnt trotzdem frühest möglich.
Freie Pufferzeit, Berechnung Vorgangspfeil-Technik
Die freie Pufferzeit wird berechnet, indem man die früheste Anfangszeit des Nachfolgers nimmt und hiervon den frühesten Anfangszeitpunkt des Vorgängers, sowie die Zeitdauer des Vorgängers abzieht. Diese Berechnungsmethode wird bei der Vorgangspfeil-Technik angewendet. Wir betrachten dazu einen Ausschnitt aus einem Netzplan und errechnen die freie Pufferzeit für Vorgang F der von Zustand 3 zu Zustand 5 führt:
Frühest möglicher Beginn des Nachfolgers (Nr. 5): 11
minus Frühest möglicher Beginn des Vorgängers (Nr. 3) – 4
minus Dauer des Vorgangs F: – 4
Freie Pufferzeit: 3
Freie Pufferzeit, Berechnung Vorgangsknoten-Technik
Bei der Vorgangsknoten-Technik kann man sich die Berechnung etwas vereinfachen, da wir hier auch Angaben über die frühesten Endzeitpunkte haben, die sich ergeben, wenn man den frühesten Anfangs-zeitpunkt und die Dauer des Vorgangs addiert. Wir sparen hier einen Rechenschritt und ziehen vom frühesten Anfangszeitpunkt des Nachfolgers gleich den frühesten Endzeitpunkt des Vorgängers ab:
Frühester Anfangszeitpunkt Nachfolger "b"
minus Frühester Endzeitpunkt Vorgänger "a"
gleich Freie Pufferzeit des Vorgangs "a"
Oder kürzer: Freie Pufferzeit "a" = FAZ b – FEZ a
Wenn ein Vorgang zwei oder mehr Nachfolger hat, muss die kleinste der verschiedenen frühesten Anfangs-zeiten der Nachfolger gewählt werden. Das Video zeigt die Berechnung:
Bedeutung der Freien Pufferzeit (Betriebswirt/in IHK)
Die freie Pufferzeit wird vor allem dann bedeutsam, wenn gesamte Pufferzeit und freie Pufferzeit eines Vorgangs voneinander abweichen. Wird nämlich die gesamte Pufferzeit eines Vorgangs voll beansprucht, so ändert sich zwar nicht die Gesamtdauer des Projektes. In der Regel wird aber der Nachfolger dieses Vorgangs in seine spätest mögliche Anfangszeit gedrängt. Somit werden die Menschen, die am Nachfolgevorgang arbeiten, in ihrer Planung beeinträchtigt und müssen umdisponieren, wenn der Vorgänger seine gesamte Pufferzeit voll ausnutzt.
Die freie Pufferzeit sagt hingegen, um wie viel sich ein Vorgang verzögern darf, der Nachfolger dabei aber trotzdem frühest möglich beginnen kann. Innerhalb der freien Pufferzeit können also die Menschen, die einen solchen Vorgang bearbeiten, frei disponieren. Sie können um die freie Pufferzeit später beginnen oder länger brauchen. Sie geraten dadurch nicht in Streit mit den Nachfolgern, da die Nachfolger trotzdem frühest möglich beginnen können. Bei mehreren Nachfolgern ist allerdings der Nachfolger mit der niedrigsten frühesten Anfangszeit maßgeblich.
Vorteile der Netzplantechnik (Betriebswirt/in IHK)
Die Vorteile der Netzplantechnik liegen darin, dass sie dazu zwingt, das Projekt genau zu durchdenken. Die grafische Darstellung macht das Projekt sehr übersichtlich. Engpässe werden dem Betriebswirt/in IHK deutlich, so dass rechtzeitig Maßnahmen eingeleitet werden können, um diese zu beseitigen. Außerdem wird sofort deutlich, ob und wie sich eine nicht geplante Verzögerung auf die Gesamtdauer des Projektes auswirkt. Jeder Beteiligte erkennt am Netzplan, wie wichtig seine Tätigkeit für das Gelingen des Gesamt-projektes ist.
Betriebswirt/in IHK: Prüfungsrelevanz des Faches Ablauforganisation
Auch Prüfungsrelevanz des Faches "Ablauforganisation" ist hoch. Es geht aber auch hier nicht darum, Wissen zu reproduzieren, sondern der angehende Betriebswirt IHK oder die angehende Betriebswirtin IHK muss handlungsorientiert Lösungen entwickeln. Es geht also bis zu einem gewissen Grad auch darum, dass der angehende Betriebswirt IHK bzw. die angehende Betriebswirtin IHK Kreativität entwickelt. Die Zeit des Auswendiglernens und "Wiederkäuens" ist vorbei und dies muss dem Prüfungskandidaten zum Betriebswirt/in IHK klar sein. Hier weitere Fächer zum Betriebswirt/in IHK.
© Dr. Marius Ebert