Nestle kauft Tierpraxen

Nestle’s Übernahme von Tierarztpraxen

„Nestle kauft deutsche Tierärzte. Bzw. etwas genauer gesagt: Im ganzen Land übernimmt der Konzern Tierarztpraxen und Tierkliniken. Wenn ihr euer Haustier also demnächst zum Tierarzt bringt, kann es gut möglich sein, dass ihr die Gesundheit eures Lieblings in die Hände eines der skandalträchtigen Unternehmen der Welt legt.

Dass ausgerechnet Nestle für das Wohl von Tieren sorgen soll, ist ein furchterregender Gedanke. Denn für viele Leute gilt Nestle als das böseste Unternehmen der Welt. Der Konzern selbst räumt Zwangsarbeit ein. Es ist seit Jahren bekannt, dass Nestle von Kindersklaven profitiert. Und vor einigen Jahren verkaufte Nestle über eine Tochterfirma verunreinigte Milchpulver. Sechs Babys starben an dem Milchpulver, und 300.000 Säuglinge mussten in Krankenhäusern behandelt werden.

Vielleicht bin ich einfach altmodisch. Das ist möglich. Aber ich persönlich habe ein großes Problem mit einem Konzern, der schon die ärmsten Menschen ausbeutet und dessen Produkte sogar nachweislich Babys töten. Diesem Konzern dann ausgerechnet die medizinische Behandlung von Tieren anzuvertrauen.

Vertrauen in die Tiermedizin und Unternehmenswachstum

Tiere können nicht sprechen. Sie können nicht sagen, wo es ihnen wehtut oder was für Beschwerden sie haben. Und man selbst ist in der Regel auch kein Experte. Das heißt, man muss seinem Tierarzt absolut vertrauen, dass nur die Medikamente verschrieben werden, die das Tier wirklich braucht und das auch nur die Untersuchungen durchgeführt werden, die wirklich medizinisch notwendig sind.

Als Tierbesitzer will man natürlich nur das Beste für sein Tier, aber man selbst ist eigentlich total hilflos, weil man sich eben meistens überhaupt nicht auskennt. Und genau hier besteht eben wirklich die Gefahr, dass ein profitorientiertes Unternehmen diese Hilflosigkeit und diese Gutmütigkeit der Tierbesitzer einfach maximal ausnutzt.

Denn eine Frage stellt sich natürlich Warum steigt ein Konzern wie Nestle überhaupt in die Tiermedizin ein Nun, das passiert aus derselben Logik. Warum zum Beispiel Hersteller von Klamotten mittlerweile Parfüms verkaufen oder warum Fluglinien beginnen, Hotels zu eröffnen.

Die Expansion von Nestle und Mars in die Tiermedizin

Im Kapitalismus muss es immer neues Wachstum geben und Unternehmen müssen somit fast schon zwangsläufig in neue Gebiete expandieren und in andere Geschäftsbereiche übergreifen, damit sie überhaupt noch weiter wachsen können. Und Nestle hat sich dabei eben jetzt für die Medizin entschieden. Ich meine, sie verkaufen ja auch schon Tierfutter und das ist ja quasi fast dasselbe.

Nestle ist damit auch nicht alleine, denn das gleiche macht seit geraumer Zeit der Konkurrent Mars. Mars stammt ebenfalls eigentlich aus der Lebensmittelbranche, aber stellt auch jede Menge Tierfutter her und hat bekannte Marken wie zum Beispiel Whiskas, Pedigree oder Frolic.

Das Vorgehen der beiden Konzerne ist dabei auch sehr ähnlich. Nestle ist über eine Beteiligung an der Evidenzgruppe in deutsche Tierkliniken eingestiegen. Der Mars Konzern hat die Tierklinik Kette Anicura gekauft, das heißt die Konzerne kaufen sich in bereits bestehende Unternehmen und Gruppen ein und erhalten somit schnell Zugriff auf mehrere Tierarztpraxen und Kliniken auf einmal.

Die ethische Herausforderung des Verkaufs an Konzerne

Mars führt aktuell mit 67 Standorten in ganz Deutschland dicht, dahinter Nestle mit 59 Einrichtungen. Das Wachstum ist enorm. International operierende Unternehmen wie Mars und Nestle übernehmen immer mehr Tierkliniken in Deutschland.

Eine Praxis allerdings, die sie definitiv nicht übernehmen werden, ist die von Tierarzt Ralf Rickert aus Ulm. Er ist noch Tiermediziner der Alten Schule und warnt eindringlich vor dem Ausverkauf an Konzerne und Ketten.

Die Bedenken gegenüber Konzernen in der Tiermedizin

Im Krisengebiet der Anicura in Deutschland. Das ging ja auch in Ravensburg und hat sich dann ausgebreitet. Und ich bin eigentlich jetzt inzwischen von Kliniken umgeben, die zu Ketten gehören. Also ich habe keine spezialisierten Kliniken, an die ich überweisen könnte, die nicht zu einer der Ketten gehören.

Sie sind jetzt von aufgekauften Praxen und Kliniken quasi umzingelt und Sie selber könnten auch zum Beispiel an Mars oder Nestle verkaufen und damit sehr viel Geld machen. Was hält Sie trotzdem davon ab?

Ja, also ich, ich stehe da auch. Ich stehe da wirklich zu meiner Abneigung, weil jetzt zum Beispiel an meine Nachfolgerin dann die Praxis zu verkaufen, bringt mir ungefähr 1/3 von dem was, was ein Verkauf an so eine Kette bringen würde. Also es ist richtig viel Geld, was den Unterschied ausmacht, aber ich finde es einfach. Ja, ich finde es abscheulich.

Die ethischen Bedenken und die Rolle von Unternehmen

Also der Verlust oder die Abgabe der medizinischen Ethik an an betriebswirtschaftliche Controller, das kann nicht gut sein. Die an einen multinationalen Konzern hat in der Medizin mal prinzipiell nichts zu suchen, meiner Meinung nach. Und das gilt für die Humanmedizin ganz genauso.

Und wir sehen es ja in der Medizin, was da teilweise für bedenkliche Entwicklungen in Gang gesetzt wurden dadurch, dass Investoren da die Griffel im Spiel haben.

PR und Realität: Die Wahrheit hinter den Unternehmensaussagen

Also gerade Nestle hat ja wirklich einen katastrophalen Ruf, muss man sagen. Aber vielleicht mal abgesehen von so einem grundsätzlich schlechtem Gefühl, das einige wahrscheinlich haben, dass man das Wohl seines Haustieres in die Hände. Einem derartigen Konzern liegt.

Was wäre vielleicht wirklich so eine konkrete Sorge, der man sich bei solchen Übernahmen bewusst sein sollte?

Nicht zuletzt sind es auch Datenkraken. Es ist vielen Tierhaltern und Tierhaltern überhaupt nicht bekannt, die Daten von den Leuten, von den vom Kundenverhalten, vom Alter der Tiere, von den Krankheiten der Tiere, von der Bereitschaft der Leute, so und so viel Geld für die und die Untersuchungen auszugeben. Das ist teilweise schon offen propagiert und zugegeben worden.

Es wird aber als Vorteil verkauft für die für die Kundinnen und Kunden. Da habe ich aber meine Zweifel. Und also sie haben alle. Eigentlich haben sie alle Möglichkeiten des Big Data und wenn man das richtig schön auswertet und das können die.

Also wenn das einer versteht, dann macht Nestle, wie man mit so was umgeht. Und je größer dieser Datenpool wird, desto größer werden die Möglichkeiten, die Sie damit haben. Eine Möglichkeit ist natürlich, das zu sagen. Okay, wir haben hier wir sind hier Besitzer eines so knappen Gutes.

Also hochqualifizierter medizinischer und technischer Leistungen, dass man das auch beliebig verteuern können. Ja, und ich meine, selbst wenn man jetzt die Behandlung an sich einzeln nicht verteuert, könnte aber trotzdem die Gefahr bestehen, dass zum Beispiel der Tierarzt dann einfach zum Beispiel mehrere Behandlungen vorschlägt, die gar nicht so notwendig sind, oder dass man die Leute öfter kommen lässt, dann auch mehr abzurechnen. Ist das eine Gefahr?

Also gerade wenn ein Unternehmen dann wirklich am Ende des Tages verantwortlich ist und das alles finanziert, das natürlich auch vor allen Dingen darauf achten dürfte, dass am Ende der Profit maximiert wird.

Die Manipulationsgefahr in der Tiermedizin

Der Tierbesitzer die Besitzerin ist mir als Tierarzt eigentlich so gut wie völlig ausgeliefert. Wenn ich ein halbwegs begabter Manipulator bin und dann kann ich wirklich nur verkaufen. Das ist überhaupt kein Problem.

Und das meine ich eben auch mit medizinischer oder medizinischer Ethik, also dieser, diesem diesem Expertise Gefälle muss man sich immer bewusst sein und muss da immer sauber und ehrlich bleiben. Und in dem Moment, wo da Betriebswirtschaftler die Finger drin haben, habe ich halt meine Zweifel.

Weil eigentlich ist ja dann jeder Mitarbeiter in so einer Klinik. Ob die Annika oder Evidence gehört, also Manchester oder Nestle gehört, ist ja angestellt und weisungsgebunden. Mal grundsätzlich bei den Ketten ist besteht halt ganz klar die Möglichkeit.

Oder die, die, wenn man nicht naiv ist, die völlig realistische Erwartung, dass das im Prinzip eine Geschäftspolitik wird, das ist doch klar, wenn die. Wenn die Kette eine Klinik A hat und eine Klinik B hat, in einer vergleichbaren strukturell vergleichbaren Gegend und mit der vergleichbaren Ausstattung und sieht bei Klinik die fahren bloß 1/3 von den CT Untersuchungen von Klinik B, dann kann man sich doch wirklich vorstellen, dass da über kurz oder lang zwei drei Anzugträger auftauchen in der Klinik und sagen hier, woran liegt das, dass du hier so wenig CTS machst Du musst mal gucken, dass du da irgendwo in die Gänge kommt und damit ist da dann, wenn der dann folgt und das muss er ja, er ist Angestellter Geschäftsführer.

Wenn der folgt, dann fliegt die medizinische Ethik, dass ich bloß das machen soll, was notwendig ist, zu meiner Diagnose zu kommen, fliegt natürlich sofort zum Fenster raus. Wenn das auf breiter Front passiert, ist das richtig tragische und traurige Entwicklung.

Die Aussagen der Konzerne und die Realität

Wir sagen die PR Abteilungen von Nestle und Mars natürlich alles gar kein Ding. Ja, die Sorgen sind übertrieben. Natürlich. Tiermedizin ist ein profitables Geschäft. Aber wir wollen natürlich den Tieren nichts Böses. Und wir wollen auch die Kunden nicht ausnehmen.

Für wie aufrichtig halten Sie solche Statements?

Für genau das, für PR Es ist ja jetzt nicht so, wir sind ja jetzt auch keine Waisenkinder und haben ja auch unsere berufsinternen Verbindungen, Connections, Gruppenchats und was noch ist, was noch vorstellbar ist.

Und natürlich haben wir auch internationale Verbindungen und Bekanntschaften und da hört man dann halt auch aus anderen Ländern, wo die Ketten schon viel dominanter Positionen eingenommen haben als hier, wird man dann halt auch seine Geschichten und die lassen mich halt schon glauben, dass das Ganze nicht so problemlos ist, wie es immer dargestellt wird.

Die Zukunft der Tiermedizin und betriebswirtschaftlicher Einfluss

Das heißt ganz grob, was hört man da von Kollegen aus anderen Ländern Und ja, was könnte da vielleicht in Zukunft auch auf uns in Deutschland zukommen?

Ja, das eben schon, dass eben schon betriebswirtschaftlicher Einfluss genommen wird auf medizinisch eigentlich medizinische Entscheidungen. Es muss halt dann doch das Futter von der Kernmarke da angeboten werden. Und wenn es dreimal anderes gäbe, was besser geeignet ist für die Ernährung eines kranken Patienten.“

(Ende des Transkripts)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert