Freier Markt bedeutet: Ursprungslandprinzip
Da nun im Zuge eines gemeinsamen Marktes genau diese Grenzkontrollen abgeschafft werden sollen, wäre die Alternative das Ursprungslandprinzip. Nach diesem Prinzip werden die Steuervorschriften des Landes angewendet, in dem die Güter produziert werden. Damit wird der Export besteuert, der Import bleibt steuerfrei. Anders ausgedrückt: Die importierte Ware wird im Importland mit der Steuer des Exportlandes belastet. Es wird also eine Ausfuhrumsatzsteuer erhoben. Das exportierende Land erhält die Umsatzsteuer.
Aber: Folgen des Ursprungslandprinzips
Durch diese Regelung kann auf Grenzkontrollen verzichtet werden. Auf der anderen Seite führt das Ursprungslandprinzip zu Wettbewerbsverzerrungen durch die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze. Die Umsatzsteuersätze innerhalb der EU weisen nämlich eine Bandbreite von 10% und damit große nationale Unterschiede auf. Eine weitere Folge wäre eine starke Verschiebung des Steueraufkommens. Innerhalb der EU gibt es nämlich Staaten, die mehr in andere Staaten exportieren als sie importieren und folglich auch Staaten, die mehr importieren als exportieren. Das Ursprungslandprinzip hätte dazu geführt, dass das Umsatzsteueraufkommen der exportstarken Länder stark gestiegen wäre und das Umsatzsteueraufkommen der exportschwachen Länder stark gesunken wäre.
Kompromiss: Unternehmen: Bestimmunglandprinzip
Aus diesen Gründen hat man sich innerhalb der EU nicht auf das Ursprungsland-prinzip einigen können, sondern einen Kompromiss ausgehandelt:
Es bleibt beim Bestimmungslandprinzip für Unternehmen.
Die Grenzkontrollen, die nach diesem Prinzip eigentlich nötig wären, entfallen. Sie werden durch nationale Kontrollen ersetzt. Die Unternehmen müssen also ihren nationalen Finanzämtern im Rahmen der Umsatzsteuererklärung ihre Exporte und Importe melden. Zusätzlich wurde ein innergemeinschaftliches Kontrollverfahren eingeführt.
Innergemeinschaftliches Kontrollverfahren
Die Meldung der Unternehmen bei den nationalen Finanzämtern allein erschien den Finanzbehörden nicht ausreichend, da keine Möglichkeit zur Gegenkontrolle besteht. Deswegen verständigten sich die Mitgliedstaaten auf ein innergemeinschaftliches Kontrollverfahren. Danach musste jeder Mitgliedstaat eine Behörde einrichten, die dem Informationsaustausch dient. Dieser Behörde muss jedes Unternehmen viertel- jährlich seine Lieferungen an die anderen Mitgliedsstaaten melden. Diese Behörde speichert diese Meldungen in eine Datenbank ein. Die Informationen dieser Daten-bank können von den Behörden der anderen Mitgliedsstaaten jederzeit abgerufen werden.
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
Im Rahmen dieses Verfahrens bekommt jedes beteiligte Unternehmen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die in Deutschland für das innergemein-schaftliche Kontrollverfahren zuständige Behörde – die auch die Umsatzsteuer-Iden-tifikationsnummer vergibt – ist das
Bundesamt für Finanzen
Außenstelle Saarlouis
Industriestraße 6
66740 Saarlouis
Durch seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer signalisiert der ausländische Importeur, dass er Anspruch auf eine umsatzsteuerbefreite Lieferung hat. Diese Lieferung wird dann erst im Importland mit dem dort geltenden Umsatzsteuersatz belegt (Einfuhrumsatzsteuer).
Kompromiss: Privatleute: Ursprungslandprinzip
Für Privatpersonen gilt allerdings das Ursprungslandprizip (mit wenigen Ausnahmen: Mineralöle, Autos, Tabakwaren und Alkohol).Grenzkontrollen entfallen.
Damit der Wettbewerb durch diesen "privaten Außenhandel" allerdings nicht zu sehr verzerrt wird, werden Mindeststeuersätze eingeführt. Diese Mindeststeuersätze be-tragen 15 Prozent für den Normalfall. Daneben sind zwei ermäßigte Steuersätze von mindestens 5 Prozent erlaubt.
Umsatzsteuerregelung: bisheriges Ergebnis
Im wesentlichen wurde bisher das auch vorher schon bestehende Bestimmungs-landprinzip beibehalten. Gleichzeitig sind aber die Grenzkontrollen weggefallen. Geändert wurde also lediglich das Erfassungsverfahren. Den Unternehmen wurde die Erfassung und Meldung der Vorgänge aufgebürdet, die vorher durch die Zollkon-trollen erfasst wurden. Diese Meldepflichten sind bürokratisch ungeheuer aufwendig. Gemeldet werden muss an das lokale Finanzamt, an das Bundesamt für Finanzen in Saarlouis und an das Statistische Bundesamt im Rahmen des unten beschriebenen INTRASTAT-Verfahrens – jede Meldung auf einem separaten Formular.
Statistische Meldepflicht: INTRASTAT (www.destatis.de)
Die Unternehmen müssen nicht nur den Finanzämtern Meldung über ihren inner-gemeinschaftlichen Handel machen. Zusätzlich gibt es eine Meldepflicht für statistische Zwecke. Diese Meldung geschieht durch das INTRASTAT-Verfahren. Dies ist ein permanentes statistisches Erhebungsverfahren. „Permanent“ bedeutet, dass die Unternehmen ihre Daten aus dem Binnenhandel monatlich der statistischen Behörde des jeweiligen Landes melden müssen. Von der Meldepflicht befreit sind solche Unternehmen, deren innerstaatliche Einfuhr oder Ausfuhr im letzten Kalen-derjahr EURO 200.000,00 nicht überschritten hat. Wird diese Grenze im lau-fenden Jahr überschritten, so ist ab dem Folgemonat eine INTRASTAT-Meldung abzu-geben. In Deutschland werden die Daten vom Statistischen Bundesamt erfasst. Die Erfassung erfolgt über Formulare oder – nach Abstimmung – auch über Datenträger. Die Internet-Adresse des Statistischen Bundesamtes lautet:
www.destatis.de.
Weitere Wege zur Einigung
Im Sinne eines freien Binnenmarktes wäre es sicherlich erstrebenswert, wenn eine Warensendung von Hamburg nach Paris umsatzsteuerlich genauso behandelt würde, wie eine Warensendung innerhalb Deutschlands, also nach dem Ursprungs-landprinzip. Eine Einigung innerhalb der EU erscheint aber schwierig, vor allem deswegen, weil der zuständige Ministerrat (hier: der Finanzminister) für Steuer-sachen einstimmige Beschlüsse verlangt.
Der Ansatz, um das Ursprungslandprinzip doch noch umzusetzen, geht über eine sogenannte Clearingstelle. Da sich die Umsatzsteuereinnahmen durch das Ur-sprungslandprinzip bekanntlich zu Gunsten der exportstarken Nationen verschieben (siehe oben), soll diese Clearingstelle die Umsatzsteueraufkommen ausgleichen.
Umsatzssteuer: praktische Hilfe, Detailinformationen
Das gegenwärtige Prinzip gleicht dem Versuch der "Quadratur des Kreises". So jedenfalls drückt es der Deutsche Industrie und Handelstag (DIHT) in seiner Broschüre "Die Umsatzsteuer im EU-Binnenmarkt" aus. Der DIHT weist außerdem auf die vielen Fehlerquellen hin, die in den komplizierten Detailregelungen stecken. Die erwähnte Broschüre hilft bei Detailfragen. Sie kann bezogen werden beim:
Deutschen Industrie und Handelstag
Abteilung Information
Postfach 14 46
53004 Bonn
Die entsprechenden Vordrucke N können bezogen werden beim:
Statistischen Bundesamt
Gruppe V B Außenhandel
Postfach 5528
65045 Wiesbaden
Internes gemeinschaftliches Versandverfahren T2
Das so genannte interne gemeinschaftliche Versandverfahren T 2 war das Verfahren zur zollamtlichen Überwachung des innergemeinschaftlichen Handels. Es galt, bevor die Grenzkontrollen wegfielen. Dieses Verfahren ist heute grundsätzlich abge-schafft.
Weitere praktische Hilfe: Seminare
Zu dieser – im Detail sehr komplizierten Materie – gibt es spezialisierte Anbieter, wie die
ZAK
Zoll- und Außenwirtschaftsseminare GmbH
Moritz-von Schwind-Straße 10
50999 Köln
Tel. 0221/ 35 27 63 u. 35 27 29
Fax 0221/ 35 27 63