Die Mitarbeitergewinnung hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung zugenommen. Vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Fachkräftemangels und des demografischen Wandels fällt es vielen Unternehmen zunehmend schwer, sich als Arbeitgeber bekannt zu machen und qualifizierte Fachkräfte zu finden. Begriffe wie „Employer Branding“ und „Arbeitgeberattraktivität“ treten hierbei immer mehr in den Vordergrund.
Social Media bieten zahlreiche Möglichkeiten, sich als Unternehmen und interessanter Arbeitgeber zu präsentieren. Dass hierbei der Bewerbungsprozess teilweise umgekehrt wird, das Unternehmen sich also faktisch beim Bewerber bewirbt, sollte weder verwundern noch stören. Denn Social Media bieten auch und gerade kleineren Unternehmen eine Chance, die weder eine starke Marke noch ein großes Recruiting-Budget vorweisen können. Doch welche Möglichkeiten haben Unternehmen, sich über Social Media zu präsentieren?
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Blogs als Recruiting-Instrument
Im Hype der Social Networks oft vergessen, spielen Blogs gerade im Recruiting eine besondere Rolle. Im eigenen Recruiting-Blog hat das Unternehmen ausreichend Platz und Freiheit, die Vorzüge als Arbeitgeber umfassend vorzustellen. Ein guter Blog stellt dabei jedoch keine Werbefläche dar, sondern informiert auf einer persönlichen Ebene, gibt Einblicke hinter die Kulissen, bietet einen direkten Zugang als die klassische PR und lässt außerdem noch Raum für Diskussion und Austausch.
Ein Blog kann als CEO-Blog ausgestaltet sein, in dem der Geschäftsführer oder die Führungsetage direkt bloggt. Mehrere Konzerne in den USA machen dies bereits vor. Auch die Personalabteilung kann einen Blog betreiben und so direkt auf offene Stellen hinweisen, von Recruiting-Events berichten oder Leistungen und Entfaltungsmöglichkeiten im Unternehmen vorstellen. Eine besondere Ausgestaltung stellt der Azubi-Blog dar, in dem (ausschließlich oder teilweise) Auszubildende, Trainees oder Werkstudenten Einblicke in ihren persönlichen Unternehmensalltag geben. Diese Form des Blogs erfordert eine tiefgreifende Offenheit in den Unternehmensstrukturen, da die jungen Mitarbeiter auch gerne mal „frei Schnauze“ und unverblümt schreiben und kein Blatt vor den Mund nehmen. Diese Offenheit wird dafür auch mit dem höchsten Maß an Glaubwürdigkeit und Aufmerksamkeit belohnt. Ein potenzieller Bewerber wird sich in der Regel stärker für das interessieren, was ein aktueller Mitarbeiter gleichen Alters in der angestrebten Position sagt, als ihn Werbeaussagen der offiziellen Personal-PR ansprechen werden.
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Social Networks zur Verbreitung und Vernetzung
Ähnliche Möglichkeiten wie Blogs bieten auch die Social Networks, nur steht hierbei eher der Aspekt der Vernetzung im Vordergrund. Eine eigene Facebook-Recruitingseite bietet beispielsweise die Möglichkeit, potenzielle Bewerber anzusprechen, Bilder und Videos von Events zu verbreiten und mit Bewerbern direkt ins Gespräch zu kommen. Auch Inhalte eines parallel geführten Blogs lassen sich in Social Networks optimal verbreiten – immer mit einem Link zum eigentlichen Blogbeitrag versehen.
Der Vorteil liegt wie angesprochen in der Vernetzung und damit der einfacheren Verbreitung der Botschaften. Ein „geliketer“ Post wird damit auch den Freunden des „Likers“ angezeigt. Schon sehen statt einer Person 130 Personen den Beitrag (so viele Freunde hat ein Facebook-Nutzer im Durchschnitt). Mit den richtigen Beiträgen und einer aktiven Community lassen sich so recht schnell sehr viele Nutzer ansprechen, die sonst vielleicht nie auf das Unternehmen aufmerksam geworden wären.
Aber auch wenn es gar nicht um die virale Verbreitung geht, bieten Social Networks zahlreiche Möglichkeiten. Gerade XING mit seinem Gruppensystem bietet sich an. Interessante High Potentials, mit denen man gerne in Kontakt bleiben möchte, können in eine entsprechende Gruppe eingeladen werden. Besucher eines Recruiting-Events lassen sich ebenfalls über Gruppenmitgliedschaften an das Unternehmen binden.
Generell gilt: je mehr Nutzen das Unternehmen den Bewerbern bietet, desto höher sind auch in Social Media die Erfolgschancen. Der Technologiekonzern Bayer macht es vor und bittet in seinem Recruiting-Blog sowie auf der Facebook-Seite regelmäßig Führungskräfte und Top-Manager zum Interview. Statt aber zu erzählen, wie großartig das Unternehmen doch ist, geben die Manager Tipps für die Bewerbungsphase, machen Mut und damit auch Lust auf das Unternehmen.
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Risiken und Nachteile der Social Media im Recruiting
So viele Chancen Social Media auch bieten, es sind keine Wunderwaffen und schon gar keine Allheilmittel. Nicht jeder Interessent will öffentlich sein Interesse kundtun, womit Facebook für diese Kandidaten schon einmal ausscheidet.
Wie im E-Recruitment generell findet auch bei Social Media eine Vorselektion statt. Bewerber, die das entsprechende Social Network nicht nutzen, werden nicht angesprochen. Das kann gewünscht sein, etwa weil das Unternehmen nur Bewerber ansprechen will, die sich mit den sozialen Medien auskennen, kann aber auch einen enormen Nachteil darstellen.
Nicht zu vergessen natürlich auch das Datenschutzproblem. Noch immer wurde beispielsweise für die Datenübertragung über die Facebook-Plugins keine überzeugende Lösung vorgestellt. Allein schon die Angst vor Datenverlusten bzw. die Ungewissheit über die Verwendung der Daten kann manche Bewerber schon abschrecken, Social Media zu Bewerbungszwecken zu nutzen.
Nichtsdestotrotz werden sich Social Media in den kommenden Jahren auch in der Mitarbeitergewinnung durchsetzen. Immerhin verfügt mittlerweile mehr als jeder dritte Deutsche über mindestens ein Profil in Social Networks, Tendenz stark steigend. Bei den jungen Zielgruppen beträgt dieser Anteil bereits weit über 90%. Je selbstverständlicher diese Medien in unserem Tagesablauf werden, desto besser werden auch die Möglichkeiten, Bewerber darüber zu akquirieren – und zwar nicht nur Azubis, sondern auch Vorarbeiter, Führungskräfte, Meister oder Manager.
Über den Autor:
Felix Beilharz ist freiberuflicher Trainer und Berater mit Schwerpunkt im Social Media- und Online-Marketing. Sein neues Buch „Social Media Marketing – Strategien, Tipps und Tricks für die Praxis“ (zusammen mit Prof. Dr. Michael Bernecker) ist seit Anfang November erhältlich. Felix Beilharz ist über seine Website www.felixbeilharz.de erreichbar.
Die absolute Zahl der Fachkräfte wird dadurch nicht steigen, also sind und werden die Social Media letztlich nur eine strategische Waffe mehr im Krieg um die besten Köpfe. Also wird es auch auf dem Fachkräftemarkt immer mehr zu einem Verdrängungswettbewerb kommen. Alle fischen im gleichen Teich.
Bedingt durch den demografischen Wandel gepaart mit einer zunehmenden Zahl an Schulabgängern mit eklatanten Schwächen in den Kernfächern und sozialer Kompetenz (Verantwortung, Verpflichtung, Zuverlässigkeit, Zielorientierung etc.) UND der sinkenden Bereitschaft die Ausbildung im schwierigen und anstrengenden MINT-Bereich zu absolvieren, wird die Zahl an qualifizierten Kämpfen absolut und relativ stark abnehmen. Deutschland blutet bildungsmäßig aus. Also müsste an der Wurzel des Übels gearbeitet werden. Leider sind langfristig angelegte Programme unbeliebt; schnell und billig muss es sein. Allerdings wird man im Krieg des Verdrängungswettbewerbs auch für sein Employer Branding Unsummen ausgeben müssen.
Eine weitere Alternative wäre, die brach liegenden, oft latent vorhandenen Potenziale in der eigenen Belegschaft,in der Zeitarbeit oder den vielen Müttern zu erkennen und zu nutzen. Hier allerdings bräuchte man ein gutes Maß an Umdenken und Flexibilität. Dann wäre es einfach und billig und zielführend.
Die absolute Zahl der Fachkräfte wird dadurch nicht steigen, also sind und werden die Social Media letztlich nur eine strategische Waffe mehr im Krieg um die besten Köpfe. Also wird es auch auf dem Fachkräftemarkt immer mehr zu einem Verdrängungswettbewerb kommen. Alle fischen im gleichen Teich.
Bedingt durch den demografischen Wandel gepaart mit einer zunehmenden Zahl an Schulabgängern mit eklatanten Schwächen in den Kernfächern und sozialer Kompetenz (Verantwortung, Verpflichtung, Zuverlässigkeit, Zielorientierung etc.) UND der sinkenden Bereitschaft die Ausbildung im schwierigen und anstrengenden MINT-Bereich zu absolvieren, wird die Zahl an qualifizierten Kämpfen absolut und relativ stark abnehmen. Deutschland blutet bildungsmäßig aus. Also müsste an der Wurzel des Übels gearbeitet werden. Leider sind langfristig angelegte Programme unbeliebt; schnell und billig muss es sein. Allerdings wird man im Krieg des Verdrängungswettbewerbs auch für sein Employer Branding Unsummen ausgeben müssen.
Eine weitere Alternative wäre, die brach liegenden, oft latent vorhandenen Potenziale in der eigenen Belegschaft,in der Zeitarbeit oder den vielen Müttern zu erkennen und zu nutzen. Hier allerdings bräuchte man ein gutes Maß an Umdenken und Flexibilität. Dann wäre es einfach und billig und zielführend.