Hinterzimmerpolitik in Berlin: Einblick in die Geheimzirkel
„Solche Hinterzimmer gibt es in Berlin fast überall. Aber mit der Kamera will uns niemand hereinlassen. Allein schon die Frage danach empfinden manche als Affront. Ich weiß nicht. Wollen Sie das jetzt noch vor der Kamera wissen, warum man nicht in den Hintergrundkreis kommen kann?
Die Geheimnisse der Politik: Hinter verschlossenen Türen
Wir handeln geheime Dinge ab. Und zwar Wir wollen Politik verstehen. Und das muss ein Zuschauer oder ein Zuhörer und Leser nicht erfahren, sondern er muss dann nur verstehen, was wir sagen. Der Zuschauer und Leser muss also nur verstehen, was die Journalisten verkünden. Warum darf niemand wissen, wie zum Beispiel in diesem Hintergrundkreis Informationen entstehen und wer hinter diesen Fenstern welche Nachrichten und Botschaften lanciert und in wessen Interesse?
Berufsgeheimnisse und Lobbyismus: Die Kunst des Verschweigens
Was da gemacht wird, ist unser Berufsgeheimnis. Das gleiche gilt für den Lobbyismus. Ein Lobbyist redet ja auch nie offen darüber, mit wem er spricht, welche Papiere er erhält, wo er sie hinschiebt und was daraus wird. Das ist vergleichbar. Es soll ja eine gewisse Abgeschlossenheit, eine gewisse Verschwiegenheit soll ja dem Gast eben auch signalisieren, dass eben seine Äußerungen nicht nach außen getragen werden. Es ist einfach Stil, da muss ich mich wiederholen. Still. Der Hintergrund kreise, auf einer vertraulichen Ebene zu arbeiten und dazu gehört auch, das in dem Moment einfach nicht klar ist, wer mit wem wo spricht.
Der sozialpolitische Hintergrundkreis: Politiker und Journalisten Hand in Hand
Das gilt auch hier beim sozialpolitischen Hintergrundkreis. Ihn leiten Politiker und Journalisten gemeinsam. Unter den Organisatoren CSU Vize Horst Seehofer und der SPD Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Zwei politische Lager, ein Ziel. Das Ziel ist im Prinzip, Missverständnisse zu vermeiden, das Verständnis also auf Seiten der Journalisten zu verbessern und also auch Fragen so diskutieren zu können, dass nicht jede unvorsichtige Äußerung, die das Verständnis verbessert, in der Zeitung zu lesen ist. Der Mehrwert besteht einfach darin, dass wir die Wahrheit erfahren und die dann, so bitter es für manche auch ist, nicht schreiben oder senden dürfen. Die Wahrheit exklusiv für Journalisten.
Die Vielfalt der Geheimzirkel in Berlin
Es gibt viele solcher Geheimzirkel in Berlin. Gelbe Karte, eine eher linksliberaler Kreis. Der Kreis, das eher konservative Pendant. Die Millionäre vertreten die auflagenstarken Regionalzeitungen. Im roten Tuch sind die Frauen unter sich. Dann gibt es die Enklave, das Kartell und das Korrespondentenkollektiv Koko, der Dressler Kreis, den Provinzkreis Berliner Zimmeru 30 Tacheles Vino Rosso, vier Sterne Kreis Salon Wissen, Antenne. Und zur Sicherheit haben auch die Politiker vertrauliche Runden, die Parteivorsitzende, die Fraktionsvorsitzenden und ihre Parlamentarischen Geschäftsführer. Auch die Ministerien und zusätzlich einzelne Minister laden zu Hintergrundkreisen.
Die Gefahren der Nähe zwischen Politik und Journalismus
Überall in Berlin sitzen Politiker und Journalisten in einem Boot. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Selbst der Zugang zu großen Hintergrundkreisen wie hier beim Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD, Olaf Scholz, ist begehrt. Wer dabei sein darf in diesen Zirkeln, hebt sein Image auch in der eigenen Redaktion. Politiker laden gerne zu Hintergrundgesprächen ein und suchen sich in der Regel ihre Journalisten dann auch handverlesen dazu aus. Und da versuchen sie natürlich, ihre Sicht der Politik darzustellen, ihre Themen zu lancieren. Einerseits ist es für Journalisten ausgesprochen wichtig, dass sie dabei sind, denn sie erfahren Sachen, die eben nicht in der breiten politischen Öffentlichkeit diskutiert werden. Auf der anderen Seite schafft das eine Art von Nähe zur Politik, die eigentlich für kritischen Journalismus tödlich ist.
Der schmale Grat: Private Gespräche und öffentliche Wahrnehmung
Andere haben keine Angst vor Nähe, im Gegenteil, sie laden Politiker sogar zu sich nach Hause ein. Intensive Gespräche in den privaten Wohnzimmern der Journalisten. Aber. Niemand soll es wissen. Herr Life, über so was reden wir doch nicht öffentlich. Darüber wollen wir nicht reden. Also, darüber verrate ich Ihnen einfach nicht. Am schönsten ist es dann schon im Wohnzimmer oder in der Küche. Nein, keinesfalls. Es ist ja dann immer noch nicht privat. Es ist immer noch ein öffentliches Gespräch, kein Geheimclub.
Die Kunst der Exklusivität und die Unsicherheit der Informationen
Je kleiner der Kreis, desto exklusiver die Information und desto sicherer ist es auch, dass der Informant ungenannt bleibt. Der Wohnzimmerkreis Günter Bannas gilt als der Kopf des Kreises. Mit dazu gehören unter anderem Thies Bruns, Thomas Roth und Richard Meng. Doch selbst diese Journalisten werden häufig von Nachrichten aus der Politik überrascht. Ich stelle mit wenig Überraschung fest, dass es den Politikern doch immer wieder gelingt, für das wirklich Wichtige dann noch ein noch weiter hinten liegendes dunkleres Hinterzimmer zu finden.
Die verrückte Welt der Medien und kein Ende in Sicht
Es ist vieles verrückt hier. Verrückt. Eine verrückte Medienwelt. Doch bis zum nächsten Bundespresseball besteht keine Aussicht auf Besserung. Das Tempo wird eher noch zunehmen. Denn das Medienkarussell ist Teil des Jahrmarkt der Eitelkeiten.“
(Ende des Transkripts)