Die Weltwirtschaftskrise und ihre Auswirkungen auf Hoffmann La Roche
„Am 24. Oktober 1929 brechen die Kurse an der New Yorker Börse auf breiter Front ein. Innerhalb weniger Stunden fallen die internationalen Finanzmärkte in sich zusammen. Es ist der Beginn der Weltwirtschaftskrise. Elend und Massenarbeitslosigkeit sind die Folgen.
Die schlechte Lage wirkt sich Anfang der 1930er Jahre auch auf die Schweizer Pharmafirma Hoffmann La Roche aus. Ein Viertel der Belegschaft in Basel muss entlassen werden. Es heißt, dass höchstens neue Präparate etwas Elan bringen könnten.
Die Herausforderung von Vitamin B und die Zusammenarbeit mit Thaddäus Reichstein
Genau in dieser Zeit bietet der Chemiker Thaddäus Reichstein der Firma ein Verfahren zur Synthese von reinem Vitamin C an. Die Reaktionen bei Roche sind in firmeninternen Berichten festgehalten. Man ist skeptisch. Forschungsleiter Dr. Markus Guggenheim ist sicher, dass Erwachsene mit frischem Gemüse und Obst genügend Vitamin C bekommen.
Trotzdem arbeiten Reichstein und Roche gemeinsam daran, die Vitamin-C-Synthese zu optimieren. Denn es gibt noch ein Problem. Reichstein kann nur D-Ascorbinsäure herstellen. Doch die wirkt nicht als Vitamin. Man benötigt L-Ascorbinsäure. Erst Monate später gelingt der Durchbruch.
Roche’s Zögern und die Markteinführung von Reduktion
Doch bei Roche ist man nach wie vor nicht überzeugt. Forschungsleiter Guggenheim schreibt an die Basler Direktion: „Die Verwendung als Skorbut-Heilmittel spielt natürlich keine Rolle.“ Der Chemiker Dr. Wüst sieht noch Forschungsbedarf: „Eine direkte Verwendungsmöglichkeit von Vitamin K liegt heute noch nicht vor.“
Trotz dieser Vorbehalte bringt Hoffmann La Roche 1934 Reduktion auf den Markt. Es ist das erste synthetisch hergestellte Vitamin C. Nun muss Roche die Ärzte überzeugen, Redoxon zu verschreiben. Die Marketingabteilung formuliert Vorschläge zur Konsumförderung. Der Arzt solle überall ein Vitamin-C-Defizit wittern und das Präparat vorsichtshalber verschreiben.
Die Vermarktung von Reduktion und der Siegeszug der Vitamine
Das wird er aber nur dann tun, wenn er selbst die Möglichkeit hat, die Diagnose zu stellen und dem Patienten eine neue Krankheit anzudichten. Die Marketingabteilung möchte bei den Menschen ein Bedürfnis nach Vitamin C wecken.
Der Chemiker Walter Niederberger hält dafür etwas Hokuspokus für nötig, damit Menschen Redoxon regelmäßig einnehmen. Dazu entwickelt Roche extra eine kleine Apparatur, mit der sich über eine Urinprobe ein Mangel an Vitamin C im Körper nachweisen lassen soll.
Roche ist es damit gelungen, eine Krankheit, die C-Hypo-Vitaminose diagnostizieren zu können, ohne dass überhaupt Symptome einer Erkrankung vorliegen.
Der Triumph der Vitaminproduktion
Im ersten Jahr der Vitamin-C-Produktion stellt Hoffmann La Roche 57,3 Kilogramm Vitamin C her. Doch das ist erst der Beginn. Ein Jahr später produziert man die dreifache Menge. Der Siegeszug des Vitamin C ist nicht aufzuhalten. Wenige Jahre danach sind es bereits Tonnen.
Von 1934 bis 1955 produziert Roche insgesamt 486.508 Tonnen Vitamin C weltweit. Bis heute gibt es keinen wissenschaftlich abgesicherten Nutzen für Vitamin C in Tablettenform für die Durchschnittsbevölkerung.“
(Ende des Transkripts)