Frühkindliche Erfahrungen und das spätere Lernen

Wie die Zeitung "Die Welt" im November 2014 berichtet, bleibt die erste Sprache, die ein Mensch lernt, nachhaltig im Gehirn verankert. Dies bestätigt noch einmal, wie sehr frühkindliche Erinnerungen und Erfahrungen einen Menschen für sein weiteres Leben prägen. Dies gilt ganz offensichtlich auch für das Lernen seiner Muttersprache und zwar auch dann, wenn diese erste Sprache verloren geht, d. h. nachher nicht mehr gesprochen wird.

Ganz offensichtlich wird frühkindlich Gelerntes auch nicht überschrieben. Die entsprechende Studie stammt von  den Psychologen und Neurologen um Lara J. Pierce von der McGill Universität in Montreal.

In dieser Studie wurden 48 Mädchen im Alter von 9 – 17 Jahren untersucht, die in ihrer Kindheit unterschiedliche Berührungen mit den Sprachen Französisch und Chinesisch hatten.

Die Mädchen wurden in drei Gruppen unterteilt. Gruppe Eins waren die Kinder aus französischsprachigen Familien, die einsprachig aufgewachsen waren. Gruppe Zwei waren Mädchen, die in eine chinesische Familie hinein geboren wurden, aber vor ihrem dritten Geburtstag von einer französischen Familie adoptiert wurden und ab dann nur noch Französisch gesprochen hatten. Gruppe Drei waren die Mädchen, die von Geburt an Chinesisch gehört hatten, dann mit drei Jahren Französisch gelernt hatten und heute beide Sprachen fließend sprechen.

Die Mädchen hörten Tonaufnahmen mit Lauten, die typisch für das Chinesische sind, aber im Französischen nicht vorkommen. Gleichzeitig wurde geprüft, welche Areale im Gehirn der Mädchen beim Hören aktiviert wurden.

Es zeigte sich, dass beide Gruppen, die der chinesischen Sprache ausgesetzt waren, ähnliche Gehirnaktivitäten hatten. Dieses Ergebnis zeigte sich unabhängig davon, ob die Mädchen die Sprache heute noch sprechen oder nicht. Bei den reinsprachig französischen Mädchen aus Gruppe Eins wurden diese Areale im Gehirn nicht aktiviert.

Die Forscher interpretierten diese Ergebnisse dahingehend, dass das frühkindlich Gelernte auch später nicht überschrieben wird und durch Erinnerung reaktiviert werden kann. Frühkindliche, auch unbewusste Erfahrungen beeinflussen damit den weiteren Wissenserwerb für viele Jahre, wenn nicht für ein ganzes Leben.

(In Anlehnung an "Die Welt", Artikel von Julika Meinert: "Muttersprache verlernt? Das Gehirn erinnert sich", Bildnachweis: fotolia)

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